Risi­ken und Chan­cen einer digi­ta­len Gesellschaft

1. Juli 2015

Unter dem Top­thema d!conomy beschäf­tigt sich die CeBIT 2015 mit der all­ge­gen­wär­ti­gen Digi­ta­li­sie­rung. So sorgt die Kom­bi­na­tion aus Hoch­ge­schwin­dig­keits­net­zen und moder­nen Tech­no­lo­gie­lö­sun­gen für einen rasan­ten Wan­del in unse­rem beruf­li­chen All­tag. Wir sind viel fle­xi­bler, mobi­ler und kön­nen indi­vi­du­el­ler ent­schei­den als noch vor einem Jahr­zehnt. Das schafft neue Mög­lich­kei­ten, birgt aber auch Risi­ken, über die wir nach­den­ken müssen.

Mit sei­ner furcht­ein­flö­ßen­den The­ma­tik ist der im Jahr 1982 gedrehte Sci­ence-Fic­tion-Film „Blade Run­ner“ in die Film­ge­schichte ein­ge­gan­gen: Im Los Ange­les des Jah­res 2019 muss Har­ri­son Ford als Poli­zist auf­stän­di­sche Robo­ter jagen, die von Men­schen kaum noch zu unter­schei­den sind. Heute, nicht mehr lange vom Jahr 2019 ent­fernt, haben Robo­ter in vie­len Berei­chen einst mensch­li­che Arbeits­auf­ga­ben über­nom­men. Sie schwei­ßen Stahl, lackie­ren Autos oder sor­tie­ren Geträn­ke­kis­ten. Zuneh­mend sind sie sogar in der Lage, nicht nur unsere Mus­kel­kraft, son­dern auch unsere Geis­tes­kraft zu erset­zen. Doch zum Glück sind die Andro­iden optisch noch recht gut von ech­ten Men­schen unter­scheid­bar. Einen Auf­stand der Robo­ter müs­sen wir vor­läu­fig nicht befürchten.

Extrem schnelle Breit­band­netze, hoch­leis­tungs­fä­hige Smart­phones und Com­pu­ter sowie „smarte“ Maschi­nen sor­gen den­noch dafür, dass sich unser heu­ti­ges Arbeits­le­ben mas­siv von der Berufs­welt von ges­tern oder vor­ges­tern unter­schei­det. Der Schreib­tisch und der „immo­bile“ Büro­ar­beits­platz haben durch die Vir­tua­li­sie­rung vie­ler Arbeits­in­halte an Bedeu­tung ver­lo­ren. Via Cloud kann man von fast über­all auf alle wich­ti­gen Daten, Pro­gramme und Infor­ma­tio­nen zugrei­fen. Für viele Arbeits­kräfte gehört es längst zum All­tag, dass man sich ein‑, zwei­mal wöchent­lich zu Mee­tings im Büro trifft, ansons­ten aber viele Auf­ga­ben unter­wegs oder im Home-Office erledigt.

Rich­tig genutzt, kön­nen diese durch die Digi­ta­li­sie­rung beding­ten Fort­schritte einen gro­ßen Bei­trag zu Umwelt­schutz und Nach­hal­tig­keit lie­fern: Wer nicht jeden Tag ins Büro fährt, redu­ziert ganz leicht sei­nen per­sön­li­chen CO 2 -Aus­stoß. Unter­neh­men kön­nen ihre Büro­flä­chen effi­zi­en­ter nut­zen, Res­sour­cen scho­nen, Betriebs­kos­ten redu­zie­ren. Wer selbst im Home-Office arbei­tet, kann sei­nen Tages- oder Wochen­ab­lauf häu­fig fle­xi­bler gestal­ten. Davon pro­fi­tie­ren nicht nur Kin­der, die Mama oder Papa häu­fi­ger zu Gesicht bekommen.

Die Digi­ta­li­sie­rung ermög­licht es Unter­neh­men auch, fle­xi­bler auf Leis­tungs­peaks zu reagie­ren. Wer bei­spiels­weise für ein­zelne Pro­jekt­auf­ga­ben zeit­lich begrenzt Spe­zia­lis­ten benö­tigt, kann diese durch moderne Cloud-/Crowd-Working-Arbeits­mo­delle welt­weit beauf­tra­gen. In man­chen Geschäfts­be­rei­chen kön­nen sol­che Zuar­bei­ter selbst dann den Betrieb unter­stüt­zen, wenn sie in ande­ren Zeit­zo­nen leben.

Weg aus dem Fachkräftemangel?

Doch auch, wenn es nicht gleich um Koope­ra­ti­ons­mo­delle über Kon­ti­nente hin­weg geht: Free­lan­cer, die bei­spiels­weise an ganz unter­schied­li­chen Orten in Deutsch­land ansäs­sig sind, kön­nen schon heute pro­blem­los ein Arbeits­team bil­den und gemein­sam Auf­ga­ben lösen. Das kann dem Druck, dem viele Unter­neh­men durch den Fach­kräf­te­man­gel aus­ge­setzt sind, posi­tiv entgegenwirken.

Neu­este Errun­gen­schaf­ten wer­den auch andere Arbeits­wel­ten umkrem­peln. Schon heute ste­hen selbst­fah­rende Autos vor der Seri­en­reife. Auch wenn man die­ses Extra wohl zuerst in teu­ren Luxus­li­mou­si­nen wird nut­zen kön­nen: Über kurz oder lang dürfte diese Neue­rung in allen Fahr­zeug­gat­tun­gen zum Stan­dard wer­den. Das könnte Taxi­fah­rer, LKW-Fah­rer, Bus­fah­rer über­flüs­sig machen – oder deren heu­tige Tätig­keit zumin­dest stark verändern.

Diese Bei­spiele machen deut­lich: Die Digi­ta­li­sie­rung kann uns viele Vor­teile besche­ren, wir soll­ten Nach­teile und Risi­ken aber nicht aus­blen­den. Das bekann­teste Nega­tiv­bei­spiel ist heute fast jedem gut ver­traut: Viele Men­schen lei­den dar­un­ter, dass sie mit ihrem Smart­phone rund um die Uhr erreich­bar sind – und sprich­wört­lich nicht mehr abschal­ten kön­nen. Stei­gende Fall­zah­len bei depres­si­ven Erkran­kun­gen und Burn­out unter­mau­ern die Problematik.

Lau­fen wir mit wei­te­ren Digi­ta­li­sie­rungs­schrit­ten also womög­lich Gefahr, dass sich unsere Arbeits­wel­ten wie­der in die Rich­tung des Man­ches­ter-Kapi­ta­lis­mus des 19. Jahr­hun­derts ent­wi­ckeln? Wie sieht es aus mit der Daten­si­cher­heit, wenn alle Unter­neh­mens­in­for­ma­tio­nen in der Cloud lagern? Wie sicher und fair bezahlt sind unsere Arbeits­plätze, wenn man über­all auf der Welt Mit­ar­bei­ter anheu­ern kann? Wie sieht es aus mit Belas­tungs­schutz, Gesund­heits­vor­sorge, Altersvorsorge?

Fehl­ent­wick­lun­gen früh­zei­tig vermeiden

Die Digi­ta­li­sie­rung kann uns eine Menge Kom­fort, Frei­hei­ten und Indi­vi­dua­li­tät besche­ren. Sie kann unsere per­sön­li­che Auto­no­mie ebenso wie unsere täg­li­che Zusam­men­ar­beit mit Kol­le­gen auf eine ganz neue Qua­li­täts­stufe heben. Sie kann einen wert­vol­len Bei­trag zu mehr Nach­hal­tig­keit und Umwelt­schutz lie­fern. Aber: Wir müs­sen auf­pas­sen, dass wir nicht den fal­schen Weg ein­schla­gen! Poli­tik, Wis­sen­schaft, Unter­neh­men und Arbeit­neh­mer ebenso wie Frei­be­ruf­ler sind des­halb her­aus­ge­for­dert, einen für uns alle för­der­li­chen Kom­pro­miss zu fin­den, der per­sön­li­che Frei­hei­ten, Wirt­schaft­lich­keit, aber auch Daten­schutz, Arbeits­recht und Umwelt­schutz unter einen Hut bringt.