Zukunfts­fo­rum 2018: Die Zukunft der Arbeit hat längst begonnen

6. Februar 2018

Gute Fach­kräfte gewinnt man nicht nur über eine gute Bezah­lung, son­dern vor allem durch ein moder­nes Arbeits­um­feld. Dies ist eines der Kern­er­geb­nisse des Zukunfts­fo­rums 2018, zu dem das Fraun­ho­fer-Insti­tut für Arbeits­wirt­schaft und Orga­ni­sa­tion (IAO) Ende Januar gela­den hat. Die Pra­xis­vor­träge aus Wis­sen­schaft und Wirt­schaft zeig­ten vor allem eins: Viele Unter­neh­men haben bereits begon­nen, Füh­rungs­stile und Arbeits­wei­sen neu zu denken.

Wäh­rend des Vor­trags von Sabine Wol­ler hat­ten die Gäste des Zukunfts­fo­rums gleich meh­rere Male schmun­zeln müs­sen. Und ja: Das, was die junge Frau dort oben auf der Bühne mit viel Lei­den­schaft und Verve prä­sen­tierte, klang pha­sen­weise nach einer Arbeits­welt für die Party-Gene­ra­tion. So erzählt sie von gemein­sa­men Aben­teu­er­rei­sen, die die Beleg­schaft regel­mä­ßig nach Tirol oder Mal­lorca unter­nimmt. Sie refe­riert von einem umfang­rei­chen Sport­an­ge­bot, das sich zwi­schen Yoga- und Car­dio-Trai­nings bewegt. Sie berich­tet von den Mit­ar­bei­ter­du­el­len an der Play­sta­tion 4, die im Gemein­schafts­raum direkt neben der Tisch­ten­nis­platte stattfinden.

So weit, so fancy: Doch triv­ago geht es augen­schein­lich um mehr als nur darum, einen  Arbeits­platz mit mög­lichst hohem Fun-Fak­tor zu bie­ten. triv­ago will viel­mehr eine agile Unter­neh­mens­kul­tur schaf­fen. Und das macht die Meta-Such­ma­schine sehr erfolgreich.

So gibt es in den Düs­sel­dor­fer Büro­räu­men weder feste Schreib­ti­sche noch ein klas­si­sches hier­ar­chi­sches Füh­rungs­mo­dell. Auch von dem Dogma, Arbeits­zei­ten seien der Maß­stab für Leis­tung und Pro­duk­ti­vi­tät, hat man sich ver­ab­schie­det: Effek­ti­vi­tät errei­che man durch gute Zusam­men­ar­beit. Und genau die wolle man mit die­sen Model­len för­dern, so Wol­ler. Dabei machte sie auch deut­lich, dass nicht jeder mit die­ser Kul­tur klar­kommt: Je mehr ein­ge­fah­rene Mus­ter exis­tie­ren, desto schwie­ri­ger sei die Ein­ge­wöh­nung. Eine Kon­se­quenz dar­aus ist, dass die meis­ten Mit­ar­bei­ter bei triv­ago im Durch­schnitt unter 30 Jahre alt sind. Anders aus­ge­drückt: Es wer­den Leute gesucht, die zur Kul­tur pas­sen und diese leben wol­len. Dies kann man gut oder schlecht fin­den. In jedem Fall wurde in die­sem Vor­trag ein­drucks­voll deut­lich: Tra­di­tio­nelle Arbeits­wei­sen sind eher ein Auslaufmodell.

Best Prac­ti­ces auf dem Fraun­ho­fer-Zukunfts­fo­rum 2018

Dies gilt nicht nur für triv­ago: Laut einer aktu­el­len Stu­die der COMPUTERWOCHE ver­fol­gen fast zwei Drit­tel aller Unter­neh­men eine dedi­zierte Stra­te­gie zur Umset­zung neuer Arbeits­platz­kon­zepte. Einige die­ser Kon­zepte wur­den auf dem Fraun­ho­fer-Zukunfts­fo­rum 2018, das Ende Januar in Stutt­gart statt­fand, prä­sen­tiert. So inves­tie­ren nicht nur junge Tech­no­lo­gie­un­ter­neh­men wie triv­ago in die Fle­xi­bi­li­sie­rung der Arbeit: Auch Fir­men wie die Robert Bosch GmbH, Por­sche oder die Con­ti­nen­tal AG haben längst den Weg zum Arbeits­platz der Zukunft eingeschlagen.

Dass diese eta­blier­ten Player andere Her­aus­for­de­run­gen zu lösen haben als das junge Tech-Unter­neh­men triv­ago, ist unbe­strit­ten. Deut­lich wird an die­ser Ent­wick­lung aber auch, dass kein Unter­neh­men an der Fle­xi­bi­li­sie­rung von Arbeit vor­bei­kommt. Die Gründe dafür sind ein­fach: Mega­trends wie die Digi­ta­li­sie­rung, der demo­gra­phi­sche Wan­del sowie der inter­na­tio­nale Wett­be­werb zwin­gen Unter­neh­men dazu, Arbeit neu zu den­ken. Sei es die Kom­mu­ni­ka­tion bzw. die Zusam­men­ar­beit im Team, das Auf­bre­chen von alten Füh­rungs­kon­zep­ten oder die Fle­xi­bi­li­sie­rung von Arbeits­zei­ten: In den meis­ten Unter­neh­men wird mit Hoch­druck an all die­sen Bau­stel­len gearbeitet.

Nicht weni­ger als ein Kulturwandel

Das Ent­schei­dende dabei ist, dass man die Trans­for­ma­tion der Arbeit vor allem als Trans­for­ma­tion der Unter­neh­mens­kul­tur begreift. Oder anders: Die kul­tu­relle Trans­for­ma­tion geht der digi­ta­len voraus.

Dadurch wer­den zugleich zwei Dinge deutlich:

  1. Die Trans­for­ma­tion der Unter­neh­mens­kul­tur kann nicht allein durch die Umset­zung von Ein­zel­maß­nah­men rea­li­siert wer­den. So kön­nen Play­sta­tion, Kicker oder Open Spaces Teil eines moder­nen Office-Set­tings sein – sie sind aber nicht der allei­nige Trei­ber von agi­len Arbeits­wei­sen. Diese erfor­dern viel­mehr das Zusam­men­spiel von Räum­lich­kei­ten, Tech­no­lo­gien und den Mitarbeitern.
  2. Die Schaf­fung des Arbeits­plat­zes der Zukunft kann nur durch das Top­ma­nage­ment erfol­gen. Die­ses muss ein ent­spre­chen­des Bewusst­sein vor­le­ben und eta­blie­ren. Ein Kul­tur­wan­del braucht Zeit und kann nicht von unten nach oben geschehen.

Auch die Unter­neh­mens­be­ra­tung Kien­baum hat dies erkannt: Hier wird die Fle­xi­bi­li­sie­rung der Arbeit von der Geschäfts­lei­tung vor­ge­ge­ben; ein­zelne Maß­nah­men wer­den iden­ti­fi­ziert und dann gemein­sam mit den Mit­ar­bei­tern umge­setzt. Das Auf­bre­chen der alten Struk­tu­ren, ver­riet Fabian Kien­baum in sei­nem Vor­trag auf dem Zukunfts­fo­rum, sei nicht immer leicht. Nur: Mit alten bzw. star­ren Denk­wei­sen könne es einen Arbeits­platz der Zukunft nicht geben.

Aus die­sem Grund steht der Mit­ar­bei­ter im Fokus der Ent­wick­lun­gen um neue Arbeits­kon­zepte: Ihn gilt es in Pro­zesse und den Wan­del mit ein­zu­be­zie­hen. Dies unter­strich Adél Hol­dampf-Wen­del vom Bran­chen­ver­band Bit­kom in ihrem Vor­trag „Berufe für die Zukunft“: Darin machte sie dar­auf auf­merk­sam, dass sich durch die fort­schrei­tende Digi­ta­li­sie­rung und Auto­ma­ti­sie­rung viele Berufe in den kom­men­den Jah­ren ver­än­dern werden.

Sie machte dabei auf den Aspekt auf­merk­sam, dass nicht Berufe weg­fal­len, son­dern nur Tätig­kei­ten: Als Bei­spiel hier­für nannte sie einen LKW-Fah­rer. Ist die­ser heute noch vor allem für den Trans­port von Waren zustän­dig, wer­den zukünf­tig Tätig­kei­ten wie die Tou­ren­pla­nung und das Manage­ment von Logis­tik­dienst­leis­tun­gen hin­zu­kom­men. Dabei wird er von intel­li­gen­ten Sys­te­men unterstützt.

Tech­no­lo­gie als Kulturtreiber

Eine sol­che Ver­schie­bung der Tätig­kei­ten lässt sich bereits in der Büro­ar­beit able­sen: Hier hel­fen heute bereits Tech­no­lo­gien wie das elek­tro­ni­sche Doku­men­ten­ma­nage­ment dabei, Tätig­kei­ten zu auto­ma­ti­sie­ren und Work­flows zu fle­xi­bi­li­sie­ren. Dadurch ent­ste­hen in Ein­kauf, Mar­ke­ting, HR und Ver­wal­tung zukünf­tig Frei­räume, die von den Mit­ar­bei­tern genutzt wer­den kön­nen – oder bes­ser müs­sen –, um an stra­te­gi­schen The­men zu arbei­ten. Anders­rum: Wer in sei­nem Büro­job haupt­säch­lich Sach­be­ar­bei­tung betreibt, muss sich selbst fra­gen, ob diese Fähig­keit in Zukunft noch benö­tigt wird. Der Bit­kom for­dert daher ent­spre­chende Schu­lun­gen und Wei­ter­bil­dungs­maß­nah­men. Denn: Der kul­tu­relle bzw. digi­tale Wan­del betrifft uns alle.

Der Arbeits­platz der Zukunft ist daher in ers­ter Linie eine Frage der Unter­neh­mens­kul­tur. IT-Tech­no­lo­gien dür­fen hier durch­aus als Kul­tur­trei­ber ver­stan­den wer­den, sie kön­nen aber nur ein Bau­stein des Gan­zen sein. Vor die­sem Hin­ter­grund ist der Arbeits­platz der Zukunft auch kein Ziel, das irgend­wann erreicht ist. Kul­tur befin­det sich schließ­lich immer im Wan­del. Daher han­delt es sich beim Digi­tal Office eher um eine Rich­tung, die jedes Unter­neh­men ein­schla­gen sollte, um die Dyna­mik der digi­ta­len Trans­for­ma­tion aufzugreifen.

Ob es am Ende die Play­sta­tion 4 oder der Betriebs­aus­flug nach Mal­lorca ist, der die­ser Kul­tur Aus­druck ver­leiht, sei dahin­ge­stellt. Unbe­strit­ten ist jedoch: Der Kul­tur­wan­del hat wie die Zukunft der Arbeit längst begonnen!